Allgemeine Information zum Hintergrund des Projekts
Die derzeitige Entwicklung unserer Zivilisationslandschaft
ist durch rasante Veränderungen und fortschreitende
Verdrängung natürlicher oder naturnaher Lebensräume
gekennzeichnet. Die Folge ist der lokale wie überregionale
Rückgang zahlreicher Tier- und Pflanzenarten bis
hin zu deren Aussterbegefahr. Diese Entwicklung, deren
Ende bislang nicht absehbar ist, spiegeln die stetig
anwachsenden Roten Listen deutlich wider. Hauptursache
dürfte dabei nach wie vor die Vernichtung von Lebensräumen
sein. Dadurch kommt es zu einer Isolierung ("Verinselung")
der Restpopulationen, deren Austausch durch neue künstliche
Barrieren (Straßen, intensiv bewirtschaftete Agrarflächen)
noch zusätzlich verstärkt wird. Diese Fragmentierung
gefährdet zunehmend die Überlebensfähigkeit
der einzelnen Populationen und ihrer Verbundsysteme.
Durch den verminderten Austausch und die damit verbundene
genetische Verarmung (genetic depression, bottle neck)
steigt das Aussterberisiko der betroffenen Populationen.
Von dieser Verinselung geeigneter Lebensräume
sind besonders die heimischen Amphibien betroffen, da
sie auf ein Mosaik aus verschiedenen Jahreslebensräumen
angewiesen sind. In unserer erheblich durch den Menschen
beeinflussten Landschaft gehören die Amphibien
daher zu den am stärksten gefährdeten Tiergruppen.
Um dem Rückgang von Amphibien entgegenzuwirken,
ist zum einen ein rasches Handeln erforderlich, zum
anderen das Verständnis von populationsökologischen
Vorgängen (z. B. Aussterbe- und Neubesiedlungsprozesse,
Metapopulations-Strukturen) und landschaftsökologischen
Prozessen (Mosaik-Zyklen, Katastrophen) weiterzuentwickeln.
Dieses bedarf einer Überprüfung in der Realität
- mit Bestätigung oder Widerlegung. Anhand modellhafter
wissenschaftlicher Untersuchungen müssen Grundlagen
für einen fundierten zeitgemäßen und
effizienten Lebensraum- und Artenschutz zur Erhaltung
der Lebensgrundlagen und der Leistungsfähigkeit
des Naturhaushaltes (als Ziel gem. § 1 BNatSchG)
in bezug auf Amphibien geschaffen werden. Gerade in
neuerer Zeit wird hierbei populationsgenetischen Vorgängen
vermehrte Aufmerksamkeit gewidmet: genetische Vielfalt
von Populationen, genetischer Kontakt zwischen räumlich
getrennten Teilpopulationen und damit verbunden Isolation
und deren Ursachen.
Bislang fehlen entsprechend konzipierte und beständig
durchgeführte Langzeituntersuchungen im Sinne eines
wissenschaftlichen Monitorings bei der Gruppe der Amphibien
weitgehend. Solche Daueruntersuchungen sind zum einen
wichtig, um natürliche Bestandsschwankungen von
Entwicklungstendenzen zu unterscheiden. Zum anderen
können nur so Korrelations- und darauf aufbauend
Kausalanalysen zwischen der Populationsdynamik verschiedener,
durch Konkurrenz oder Räuber-Beute-Beziehungen
miteinander verbundenen Amphibienarten und der durch
den Menschen verursachten Veränderung der Landschaft
durchgeführt werden. Über einen längeren
Zeitraum erhobene Daten bilden hierbei die Grundlage
für die Bewertung von anthropogenen Umweltveränderungen
und damit für gezielte Maßnahmen zur Erhaltung
der Leistungs- und Nutzungsfähigkeit des Naturhaushaltes.
Insbesondere Populationsdynamiken und Generationsfolgen,
aber auch Landlebensraum und Raumbedarf verschiedener
Amphibienarten sind in der Planung und Entwickung von
artenreichen Kulturlandschaften dringend benötigtes
Basiswissen. Ziel ist es, daraus praktische Empfehlungen
für die Vernetzung von Amphibienlebensräumen
abzuleiten und Grundlagen für die Entwicklung raumspezifischer
landschaftsökologischer Vorstellungen für
die Zivilisationslandschaft am Beispiel der Amphibien
zu schaffen.
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